“It embodies the notion of hardware and software really pushing each other”
Steve Ballmer, CEO Microsoft im Juni 2012 bei der Vorstellung des ersten Surface Tablet. Es war der Beginn eines neuen Wegs den Microsoft ging. Weg vom reinen Angebot von Software, hin zur Herstellung und zum Vertrieb von Hardware. Die alten Lehren der Computerindustrie wurden in den vorangehenden Jahren völlig umgekehrt1. Mobile hatte andere Regeln. Der Consumer-Markt hatte andere Regeln. Microsoft verlor nach und nach an Relevanz und Zukunftsaussichten. Aus einem “Partnerbusiness” kommend, wurde der Schritt zur eigenen Hardware kritisch beäugt. Hardware-Hersteller die bisher in Ko-Existenz mit Microsoft lebten, hatten plötzlich Konkurrenz zu fürchten. Ballmer versicherte immer, dass Surface nur ein Vorstoss sei um die Möglichkeiten der Hardware zu zeigen. Die Grenzen zu erreichen und zu verschieben.
Seit 2012 ist viel passiert. Steve Ballmer trat als CEO zurück und Satya Nadella übernahm seine Position. Er hat mit “mobile first — cloud first” eine starke Vision etabliert. Die Vision wird mit den Aktivitäten von Microsoft untermauert. Flagschiffprodukte wie Office werden nicht nur für die eigene Plattform angeboten, sondern existieren auch auf den Plattformen der Konkurrenz. Sie werden nicht nur angeboten, sondern auch aktiv weiter entwickelt. Teils mit exklusiven Funktionen für Fremdplattformen. Dies im Sinne der Erhöhung der Attraktivität der MS eigenen Cloud-Angebote.
In der Öffentlichkeit und speziell in Unternehmen, bleibt das populärste, sichtbarste Produkt Windows. Windows hat eine bewegte Geschichte. Abseits der öffentlichen Wahrnehmung bewegt es sich in Wellen:
Eine Version floppt, die nächste Version toppt. Was bei Intel die Tik-Tok-Strategie, scheint bei Microsoft die Flop-Top-Strategie. Witzig dabei ist, dass sich niemand daran erinnert wenn die nächste Version kommt. Der Hype der Medien und das Engagement der Sales-Mannschaft lässt vergessen was uns die Geschichte lehren könnte. Und nun ist es soweit. Mit Windows 10 steht die nächste Version vor der Tür. Die “ewige” Version die den Versionfluch brechen will. Und meiner Meinung nach ist die Zeit für Windows 10 reif. Es ist der richtige Zeitpunkt für die erneute “Dominanz” in Unternehmen (bitte kein Kriegsgehabe). Diese Hypothese stütze ich auf drei Säulen:
Hardware ist soweit:
Es gibt diverse Entwicklungen2die mich optimistisch stimmen. Es mag heute noch nicht direkt im Geschäft kaufbar sein, doch die Bewegungen lassen eine spannende Zukunft erahnen. Und wie ich in meinen Tipps zu Prognosen schon schrieb, sollte man bestehende Hardware Limitationen nicht zu hoch gewichten. Mit dem Surface Pro 3 und dem Surface 3 zeigt Microsoft Geräte die es mit heutigen Ultrabooks mehr als aufnehmen können. Durch die bessere Integration in Unternehmen, können sie meiner Meinung nach auch den bisherigen Tablet-Lösungen gefährlich nahe kommen. Die anderen Hersteller ziehen im Sommer/Herbst nach, bringen einen gesunden Wettbewerb und auch für Unternehmen notwendige Support- und LifeCycle-Prozesse denen es Microsoft noch mangelt. Der mobile Wissensarbeiter hat vielleicht genug von der Multi-Device-Realität und trägt gar nicht mehr alle Geräte mit sich. Hier ist das Versprechen eines guten Notebooks und eines Tablet dass gut genug ist, sehr verlockend.
Software ist soweit
Nebst dem Komfortgewinn und der Erschliessung neuer Arbeitskontext (räumlich und zeitlich) die uns iPad & Co. brachten, profitiert der Wissensarbeiter 2015/2016 auch von reifer Software. Microsoft versprach uns bereits mit Windows 8 die Zusammenführung der Formfaktoren, stiess aber mit veränderten Anwendungsmustern viele Anwender vor den Kopf. Anwender liessen Windows 8 Geräte in den Regalen stehen, Entwickler entwickelten nicht für die neuen Möglichkeiten, Unternehmen stiessen keine Erneuerungsprojekte an. Ein Teufelskreis dessen Gründe sich schwer erklären lassen. Mit der Wellenbewegung von Windows war es allerdings erwartbar. Und nun sind wir mit Windows 10 in der Top-Welle. Unternehmen werden Windows 7 ablösen wollen. Entwickler werden mit Brücken attraktive Umstiegsmöglichkeiten geboten. Anwender werden sich mit dem Besten aus der Windows 8 und der Windows 7 Welt gut zurecht finden.
Mobile Lösungen treten auf der Stelle
In einer offensichtlich leicht frustrierten Stimmung schrieb ich im Februar 2014 folgendes:
Kleiner, zugegeben einseitiger Exkurs in die relevante Mobile-Geschichte. Nur um den Grössenwahn gewisser Software- und Service-Anbieter, Mobile-Projektleiter, etc. etwas zu korrigieren. Wir arbeiten als Mobile Enterprise Branche daran den Status 2006 wieder herzustellen. Mich beeindruckt ihr wenn ihr bei ‘Pitches’ und Konferenzen andere Beispiele bringt als Intranet, Dokumentensync oder das Menü der Kaffeeteria als Mobile App.
Das Fazit ist aber auch ein gutes Jahr später noch gültig. Wir sind nicht viel weiter. Mobile in seiner Consumer-Renaissance brachte uns unverzichtbares. App Stores mit ihren Bezahl- und Installations-methoden. Apps mit einfachen User-Interfaces und bewusst reduzierten Bedienungen. Bereitstellungs- und Betriebsmodelle die private Hardware in Unternehmen nutzbar machten. Weiterhin dickes Danke dafür. Doch was wir Unternehmen daraus machten, ist bisher bescheiden. Es gibt einzelne Business-Anwendungen die Profit aus den neuen Möglichkeiten schlugen. Die meisten lösten aber Excel-Formulare durch gecodete Formulare ab. Microsoft will uns diese “Formulare” einfach übernehmen lassen. Die Brücken helfen Android- und iOS-Entwicklern beim Umstieg. Anders als im Konsumentenmarkt, muss sich der Unternehmensentwickler um die Betreuung einer weiteren Plattform kaum kümmern. Windows ist hier eh schon Realität. Gewisse Anforderungen müssen vielleicht nicht mal in App-Code gegossen werden, sondern können ihren Nutzen bereits über Webbasierte Intranet-Anwendungen generieren. Wenn Microsofts Ankündigungen im Detail halten was sie versprechen, könnten Unternehmen ihre iOS- und Android-Lösungen einfach portieren. Man hätte also das gesamte Lösungsportfolio des Notebooks, angereichert durch bisher entwickelte Mobile-Lösungen, im attraktiven Integrationspaket von Windows (transparentes VPN, Corporate WLAN, etc.).
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