Seilschaft

2016-01-06
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Die Ausrüstung aller Mitarbeitenden der SBB mit digitalen Arbeitsmitteln, beinhaltet als Projekt an sich schon viele Herausforderungen. Eine weitere Herausforderung kommt erst im Betrieb. Ich spreche jetzt nicht vom offensichtlichen Support von 30’000 Smartphones verschiedener Betriebssystem(-stände), sondern von der Weiterentwicklung von Services.

Schon vor der Zuschüttung des «digitalen Grabens» hatten wir eine breite Anwenderschaft. Abseits von Bezeichnungen wie digitalen Immigranten oder Eingeborenen, arbeiten bei SBB Leute mit hoher Affinität zu Informatikmitteln. Und eben andere1
 Mit Ausrüstung aller Mitarbeitenden strapazieren wir diese Spannbreite noch mehr. Tendentiell werden eher IT unerfahrene Mitarbeitende in den Genuss von Informatikmitteln kommen. Es ist ein Bereich wo uns der Consumer-Markt keine Vorbilder bietet. Im Consumer-Markt spricht man «Kunden» an. Die vollständige Adaption einer Lösung in einem bestimmten Segment ist vielleicht gewünscht, aber nicht notwendig. Wenn wir als Unternehmen Services ausbringen, müssen diese teilweise von allen Anwendern genutzt werden. Nichtnutzung kann zu Prozessverschlechterungen oder Aufrechterhaltung alternativer Prozesse führen. Denn wer will schon noch Stempelkarten händisch kontrollieren?

Wie gestalten wir also Produkte und Services für digitale Eingeborene und Leute die noch nicht mal von einer Immigrationsmöglichkeit hörten? Der logische Schritt ist [Personas](http://de.wikipedia.org/wiki/Persona_(Mensch-Computer-Interaktion). Basierend auf Berufsgruppen. Jürgen Inderlok als Prototyp für den Lokführer. Nathalie AmSchalter als… ihr wisst schon. Für Geschäftsanwendungen die sich an einzelne Berufsgruppen wenden, ist dies ein patentes Rezept. Für Arbeitsplatz-Basisleistungen, die per Definition «geschäftsprozessneutral» sind, eher weniger. Denn egal welche Dimension wir abfragen möchten, es wird in Berufsgruppen immer Ausreisser geben. Sei dies digitale Kompetenz oder mobile Arbeitsweise.

Eine weitere Schwierigkeit ist das Glatteis solcher Einteilungen. Wir planen Produkte in denen wir beurteilen wie progressiv wir sein dürfen, wie oft wir verändern dürfen und wieviel wir den Anwendern an Befähigungswerkzeug mitgeben müssen. Während man gemeinhin sagt, XY sei selbsterklärend, wird man da rasch vorsichtiger wenn mit der Anwendung von XY indirekt Geld verdient werden soll. Der einfachste Einteilungswert wäre also digitale Kompetenz. Es ist keine Wertung, nicht überall ist digitale Kompetenz notwendig. Doch der Begriff ist beladen und würde zu diversen Diskussionen führen. 
 Ein Ausweg wäre die Klassierung von digitaler Erfahrung. Doch egal wie wir es benennen entspannt es das Thema nur. Wir haben dann einen «Raster» in den wir Produkte einteilen könnten. Doch das eigentliche Problem löst es nicht. Wirtschaftlich wäre es Produkte für alle Anwender einzuführen. Einmalige Investitions- und Aufbaukosten. Perfekt. Doch das wird immer weniger möglich. Selbst die Ausbringung obiger Smartphones wird zum Stolperstein. Während im Privatumfeld bereits die sprichwörtliche Schwiegermutter ein Smartphone hat, ist der Prozess im Unternehmen komplexer. Wer hat im Privatumfeld schon mit Dokumenten zu tun? Wer teilt schon Dokumente und arbeitet gemeinsam an Excel-Listen. Wer hat schon Kalender in die er Einladungen etc. erhält. Wer muss seine Mails «aufbewahren» weil der Inhalt kritisch oder schlicht die Mailbox zu klein ist? All diese kleinen Bausteine verkomplizieren den Einsatz sonst so einfacher Produkte. 
 Die Antwort werden Kompromisse. Ein offensichtlicher ist der gemeinsame Nenner. Wir bringen das aus, was wir für alle Anwender ausbringen können. Dies würde sehr konservativ sein und viele Anwender unzufrieden auf Features und Möglichkeiten warten lassen. Realistischer ist die Segmentierung der Produkte. Ein Segment in dem hohe Affinität mit rasch entwickelten Produkten bedient wird. Ein Segment in dem hohe Stabilität herrscht. Das wir als SBB hier nicht die einzigen sind, zeigen auch die Entwicklungen von Microsoft. Windows und Office werden in Unternehmen in verschiedenen Kreisen einsetzbar. Ein Kreis mit hoher Geschwindigkeit und ein Kreis mit längerer Versionsstabilität.

Das Problem wird also vom Markt bereits bearbeitet. Vielleicht befinden wir uns also nur in der wilden Zeit zwischen den Veränderungen? Vielleicht aber ein Problem, dass uns auch die Hersteller nicht abnehmen können. Wichtigste Massnahme ist allerdings die Anerkennung des Problems. Wir können nicht weiter davon ausgehen, dass unsere Services unverändert oder unbegleitet für alle Anwender nutzbar sind.